Die Uhr schlug vier Uhr am Morgen, ich saß auf meinem Drahtesel, zügig die 15 km Richtung Gestüt radelnd …
Das berühmte „Schloß Fantast“ besaß ein großes Vollblut Gestüt, nebenbei wurden hier auch Halbblüter für den Springsport gezüchtet. Der Stalldienst begann für alle um 5:30 Uhr. Mich hier voll einzubringen war der einzige Weg meine Reitstunden zu verdienen, da meine Eltern mich hierin nicht unterstützen konnten. Die Wochenenden und die Schulferien verbrachte ich fast ausschließlich im Gestüt.
Mein erster Reitlehrer war ein Ungar. Er muss wohl in der ungarischen Kavallerie gedient haben und so hat er auch seinen Reitunterricht abgehalten. Als blutiger Anfänger bekam ich zwei Münzen zwischen meine Knie und das Sattelblatt – wehe, habe ich diese bis zum Ende der Reiteinheit fallen lassen.
Vom lockeren Sitz keine Rede – ein einziger Krampf. Glücklicherweise kam im rettenden Moment ein neuer Reitlehrer und dem verdanke das Meiste, was ich als Pferdemensch und Reiter in meinen jungen Jahren lernen durfte. Er vermittelte mir den richtigen Blickwinkel, man würde heute sagen Horsemanship.
Eigentlich war er ein Nerd, als Doktor der Astrophysik hängte er seinen Beruf an den Nagel und verschrieb sich gänzlich den Pferden. Er sagte sich von traditionellen Ansichten los und führte den Springstil der Franzosen und der US-Amerikaner ein.
Dennoch war es keine leichte Schule. Wochenlang ritt ich ohne Steigbügel. Die Anweisung hieß: „Versinke mit deinem Gesäß im Sattel und und drücke deinen Absatz runter“. Ich bekam einen extra flachen Sattel ohne Pauschen. Meine Hände durften sich nicht bewegen. Wenn mal nicht kritisiert wurde rief er mir immer wieder zu: „Wenn ich dir am Ende wieder Steigbügel geben werde, dann wirst du denken, du sitzt im Cadillac“. Zur damaligen Zeit war dieses Training in dieser Region wirklich fortschrittlich, wenngleich dies aus heutiger Sicht natürlich anders zu bewerten ist. Nach all den Wochen der Sitzschulung war das Reiten mit Steigbügeln tatsächlich ein Segen.